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Halvers
Kolumne

 
26.09.2024

„Nach Golde drängt, am Golde hängt doch alles“

sagte schon Johann Wolfgang von Goethe. Mit in diesem Jahr ca. 25 Prozent Plus auf Dollar-Basis, auf Euro-Basis sogar mehr, und zuletzt immer neuen Rekordständen liefert Gold eine brillante Vorstellung ab. Mit zwischenzeitlichen Konsolidierungen ist zwar zu rechnen. Doch spricht viel dafür, dass das Edelmetall längerfristig weiter einen glänzenden Eindruck hinterlässt.

Je niedriger die Zinsen, umso höher steigt das zinslose Gold

Bis weit in das Jahr 2026 wird die Fed ihre Leitzinsen senken. Aber auch weltweit ist der geldpolitische Zeitgeist von Kopf bis Fuß auf Lockerung eingestellt. Selbst der Zinserhöhungstrend der japanischen Notenbank, der emotional zunächst schockartig zu einem Orkan führte, entpuppt sich rational eher nur als frischer Wind. Japan als das weltweit am höchsten verschuldete Industrieland verträgt Zinserhöhungen ähnlich schlecht wie Frösche trockengelegte Sümpfe.

Das zinsärmere Umfeld erfasst auch die amerikanischen Anleiherenditen, die in besonders negativer Korrelation zum Gold stehen. So ist die Rendite 10-jähriger US-Anleihen vom Jahreshoch im April 2024 bei 4,7 Prozent bis jetzt auf ca. 3,8 Prozent gefallen.

An dieser Stelle müssen wir über Finanz- und Preisstabilität sprechen. Es ist erstaunlich, dass Zinsen und Anleiherenditen sinken, obwohl die amerikanische Verschuldung und (tatsächliche) Inflation weiter munter sprießen. Höhere Risikoprämien? Fehlanzeige! Aber offensichtlich lässt die Fed immer noch Fünfe gerade sein und geldpolitische Härte vermissen. Sie räumt der Konjunktur Priorität ein.

Und wenn die Stabilität verblüht, verduftet die Attraktivität von Zinspapieren und sprießt die Schönheit von Edelmetallen.   

Übrigens, aufgrund des längerfristigen Zinssenkungszyklus der Fed ist von einer schwächeren US-Valuta auszugehen, die ebenfalls mit dem Goldpreis negativ korreliert. Nicht-Dollar-Anleger erhalten damit einen doppelten Bonus.

Weitere fundamentale Zutaten polieren Gold auf

Die Welt ist alles andere als ein Friedensplatz. U.a. der Krieg in der Ukraine und die Krise im Nahen Osten machen Gold weiter zum sicheren Anlagehafen. Ebenso sorgen der unsichere Ausgang der US-Präsidentschaftswahl und die Angst vor einer „linken“ Wirtschaftspolitik unter Kamala Harris für ein größeres Sicherheitsbedürfnis.

Gold profitiert zudem von den Zentralbanken der Schwellenländer, die ihre Währungsreserven zu Lasten von US-Zinspapieren in Gold anlegen. Neben der kritischen Betrachtung der US-Bonität spielen hierbei auch wirtschaftliche und ideologische Konkurrenzgedanken eine große Rolle. Warum sollte man also massiv US-Staatsanleihen aufkaufen, sich weiter an Uncle Sam binden und ihm helfen, den Status des Dollars als Weltleitwährung zu zementieren? Sicherlich ist die Zeit dafür längst nicht reif, aber Pläne für eine teilgoldgedeckte BRICS-Währung als Alternative zum US-Dollar liegen weiter in den Schubladen.

Nicht zuletzt haben die US-Sanktionen gegen die Notenbank Russlands - konkret das Einfrieren der in russischem Besitz befindlichen amerikanischen Staatspapiere - zu einem Umdenken geführt. In z.B. China stellt man sich die Frage, ob man eines schönen Tages selbst von Amerika sanktioniert wird und über eigene Reserven an US-Anleihen nicht mehr frei verfügen kann. Dann investiert man doch lieber in sanktionsfreies physisches Gold, auf das man jederzeit Zugriff hat.

Wer sind die großen Goldanleger?

Neben den Zentralbanken ist auch bei goldgedeckten ETFs ein positiver Kauftrend seit Mai unverkennbar. Bis dahin waren sie ca. 18 Monate lang stur auf der Verkäuferseite. Überhaupt ist Gold aufgrund seines Höhenflugs in aller Munde und zieht massiv private Anleger an.

In Indien steigen typischerweise die Goldkäufe im Spätsommer an. Ab dann stehen eine Reihe von Festivitäten an, zu denen Gold und -schmuck massiv gekauft werden. Hinzu kommt die weltweit hohe Nachfrage zum Weihnachtsgeschäft, die Indien bedient. Aber auch Italien und die Vereinigten Arabischen Emirate haben sich zu wichtigen Schmuckproduzenten entwickelt.

Dagegen schwächelt die Nachfrage in China, die lange Zeit vor der Indiens lag. Chinas aktuell düstere Wirtschaftsentwicklung scheint der Bevölkerung die Lust auf Gold zu verderben.

Wie geht es mit dem Goldpreis weiter?

Dennoch scheint die chinesische Malaise dem Goldpreis nicht zu schaden. Was wäre erst, wenn China erneut zum großen Goldnachfrager wird? Immerhin ergreift Peking umfassende wirtschafts- und geldpolitische Maßnahmen, um Wachstum und Perspektiven zu stärken.

Für 2025 ist mit einem Goldpreis von über 3.000 Dollar zu rechnen. Im besten Fall kommt es sogar zu einem Rohstoff-Superzyklus wie ab Mitte der 70er-Jahre und ab 2000, was Gold auch zugutekäme. Im Windschatten von Gold hat ebenso Silber seine Lethargie überwunden. Obendrein ist es als Industriemetall gefragt.

Sicherlich, der Kaufrausch für Gold kann sich durch die deutlich gestiegenen Anschaffungskosten und Überkauft-Situation durchaus abkühlen. Eine Konsolidierung oder Korrektur sollte eingeplant werden.

Auslöser könnten die großen Terminmarkt-Spekulanten in den USA sein, die als „Aasgeier“ der Finanzmärkte kurzfristig orientiert sind. Und da am Terminmarkt ein Vielfaches des physischen Edelmetalls gehandelt wird, könnten Gewinnmitnahmen den Goldpreis vorübergehend stärker nach unten treiben. Allerdings funktioniert das Spielchen auch nach oben.

Jedoch sollten sich langfristige Goldanleger an kurzfristigen Einflüssen nicht stören. Das Fundamentalumfeld (s.o.) ist nachhaltig stimmig. Im Übrigen ist Gold die Anlageform, die seit 6.000 Jahren ihre große sachkapitalistische Klasse als Zahlungs- und Aufbewahrungsmittel zeigt.

Gold bzw. Edelmetalle gehören zu mindestens 10 Prozent zum liquiden Anlagevermögen.

Und Goethe? Ja, er war tatsächlich gut. Er konnte nicht nur reimen, er verstand auch was von Geld- bzw. Goldanlagen.