Gefühlt wimmelt es seit mindestens 2008 nur so von Risiken: Internet-, Immobilien-, Schulden-, Euro-, Corona-, Energie-, Ukraine und jede Menge nationaler und geopolitischer Stress. Wie soll da Lust auf Aktien aufkommen, die Verunsicherungen natürlich nicht kaltlassen? Doch wo Risiken sind, gibt es auch Chancen. Übrigens, gegen Kursschwankungen ist im Garten der Finanzmärkte ein Heilkraut gewachsen.
Mit großer Freude lässt sich feststellen, dass alle Krisen, Risiken und Aktienverluste in der Vergangenheit ohne Ausnahmen nicht nur wieder ausgeglichen, sondern überkompensiert wurden. Sicherlich waren dazu substanzstarke Megathemen notwendig. Und genau die gibt es auch aktuell: Künstliche Intelligenz, Biotechnologie, Klimaschutz, Industrie 4.0, die Wende der Zinswende oder die wenn auch zunächst eher allmähliche weltkonjunkturelle Erholung ab 2024, die auf weltweit unterbewertete Value-Aktien trifft.
Und dann sind da noch die Ausschüttungen. Auf Druck großer Kapitalsammelstellen bleiben sie mittlerweile ordentlich. Nicht zuletzt wirken dividendenstarke Aktien kursstützend. Nicht zuletzt ergibt sich bei Wiederanlage ein schöner Zinseszinseffekt. In der Tat, wären z.B. die Ausschüttungen der Telekom seit Börseneinführung 1996 immer wieder in T-Aktien investiert worden, hätten sie eine Durchschnittsrendite von ca. 5,4 Prozent p.a. gegenüber der reinen Kursentwicklung von 2,0 Prozent ergeben.
Vor diesem Hintergrund konnten Aktien selbst Corona, der Ukraine-Krieg oder der Nahost-Konflikt nur vorübergehend etwas anhaben. Auch gegenüber so mancher politischen Schelmerei in Berlin zeigte sich der DAX teflonbeschichtet. Auch wenn schwarze Schwäne auch zukünftig möglich sind, werden sie aber offensichtlich immer wieder von den weißen vertrieben.
Übrigens, im Gegensatz zu deutschen Staatspapieren überstanden z.B. Daimler und Siemens zwei Weltkriege. Sie würden auch die nächste Schuldenkrise überstehen. Selbst wenn ihr Kurs dann zunächst dramatisch fällt, behält man über seine Aktien den gleichen Anteil am gesamten Aktienkapital. Und jede neue Regierung wird ähnlich wie 1948 bei der deutschen Währungsreform mit neuen Schulden den nächsten Aufschwung einleiten und damit Aktien wie einen mit Helium gefüllten Luftballon aufsteigen lassen. Alte Schulden streichen und danach neue machen, war in der Finanzgeschichte doch schon immer sehr beliebt. Dabei waren die Zinssparer immer die Dummen.
Dennoch sind Kursschwankungen mitunter unangenehm. Jedoch, wenn man ihnen mit regelmäßigen Sparplänen begegnet, werden aus Risiken sogar Chancen. In sinkenden Kursphasen erhält man für den gleichen Spar- mehr Aktienanteil. Rabatte während der Black Week werden doch auch gerne mitgenommen. Richtig Freude kommt aber vor allem dann auf, wenn bei einer Börsenerholung das gesamte Aktienvermögen aufgeht wie der Mond am sternenklaren Himmel.
Es ist doch immer wieder faszinierend, was an Rendite zusammenkommt, wenn man langfristig z.B. 50 Euro regelmäßig monatlich in Aktien anlegt. So kann man einfach nicht verhindern, vermögend zu werden.
Wenn Aktien aber insgesamt langfristig gewinnbringend sind, warum werden sie dann staatlich - vor allem im Sinne der Altersvorsorge - nicht deutlich mehr gefördert? Natürlich gönnen wir unseren Politikern und Politikerinnen von Herzen solide Altersbezüge. Aber wir Otto-Normal-Deutschen freuen uns auch über mehr Alterssicherung.
Dazu, um die Masse der viel zu vielen, immer noch Aktien-renitenten Anleger hinter dem einseitigen Zins-Ofen hervorzulocken, muss der Staat ihnen ein Angebot machen, das sie nicht ablehnen können.
Aus dem monatlichen Steuerbrutto sollte ein ordentlicher Batzen in Aktien oder darauf basierende Anlageformen angespart werden können und das so angehäufte Vermögen auch bei späterem Verzehr steuerfrei bleiben. Sinnvoll wäre es auch, einen Staatsfonds nach dem Vorbild Norwegens zu gründen, der Finanzmittel für Investitionen in Infrastruktur und Digitalisierung sammelt. So könnten sich die Anleger an der zukünftig verbesserten volkswirtschaftlichen Substanz Deutschlands beteiligen.
Natürlich sollte dieses Anlageinstrument an Bedingungen geknüpft sein. U.a. sind Sparpausen und frühzeitige Entnahmen nur in Notsituationen möglich. Am langfristigen und regelmäßigen Ansparen darf grundsätzlich nicht gerüttelt werden, um sich attraktive Durchschnittskurse zu sichern.
Anstatt bei Aktiensparen an Hexenverbrennung zu denken, sollte die Regierung möglichst viele Bürger an dieser marktwirtschaftlichen Wohlstandsmehrung beteiligen. Angesichts einer schwindsüchtigen gesetzlichen Rentenversicherung ist alles andere vorsätzliche Beihilfe zur Altersarmut. Übrigens wird unsere Demokratie auch an der Wohlstandsfront verteidigt.
Trotzdem ist mit dieser Einsicht des Staates vorerst nicht zu rechnen. Selbst die Aktien-Rente wurde auf Eis gelegt. Die Gefahr ist groß, dass sie den Erfrierungstod stirbt.
Aufgrund der unbestreitbaren Erfolge des regelmäßigen Aktien-Sparens müssen wir auch ohne staatliche Unterstützung aktiv werden. Wie wäre es z.B., wenn man seinen (Enkel-)Kindern einen Aktiensparplan zu Weihnachten schenkt. Sie werden sich vielleicht nicht unmittelbar darüber freuen, später aber umso mehr. Und besser als selbstgestrickte Socken ist er auf jeden Fall.
Und sich selbst darf man dieses Geschenk auch auf den Gabentisch legen.