Corona, Ukraine-Krieg und Inflation haben der deutschen Wirtschaft schwer zugesetzt. Trotzdem kann die Politik ihre Hände nicht in Unschuld waschen. Denn auch ohne Krisen leidet Deutschland nach Einschätzung renommierter Ökonomen unter chronischer Wirtschaftsschwäche. Die seit Jahren stagnierende Produktivität spricht Bände. Wann hören die uns Regierenden endlich den Wirtschafts-Wecker klingeln und legen ihre teilweise weltfremde, geradezu kindische Sicht der Dinge ab?
Besagte Ökonomen gehen davon aus, dass Deutschland eine längere Schwächephase bevorsteht mit jährlichen Wachstumsraten nur unter einem Prozent. Das ist zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel. Damit ist der Staat nicht in der Lage, neben hohen Sozialleistungen auch die schlechten Standortbedingungen anzugehen. Im Status Quo haben Unternehmen wenig Veranlassung, hier zu bleiben oder sogar zu investieren. Aber wie will man dann eine volkswirtschaftliche Nahrungskette bilden, an deren Ende alle satt und glücklich sind?
Ohnehin schläft die Konkurrenz nicht. Amerika bietet bei Energiesicherheit und -preisen, Steuern, Arbeitskosten, Netzqualitäten im direkten Vergleich blühende Landschaften, die Industrieunternehmen aus aller Welt und ebenso aus Deutschland anlocken wie bunte Blumenwiesen die Bienen. Was bleibt Firmen denn auch übrig, wenn sie im Haifischbecken der internationalen Wettbewerbsfähigkeit nicht wie Karpfen aufgefressen werden wollen? Früher oder später erliegen sie dem Lockruf. Und dann gilt das alte Gesetz aus dem Box-Sport: „They never come back“.
Jetzt betreibt die deutsche und europäische Politik Amerika-Bashing wegen angeblich unfairer Wirtschaftspolitik. Tut mir leid, Wirtschaftspolitik hat wenig mit christlicher Nächstenliebe zu tun. Jeder ist sich selbst der Nächste und aufgerufen, wie ein Eichhörnchen Zukunftsvorsorge zu betreiben. Andere kann man nicht ändern, nur sich selbst. Die inflationär stattfindenden EU-Krisengipfel sollten mehr Ergebnisse abliefern als nur lecker gegessen zu haben. Mit der Einigung auf den kleinsten gemeinsamen Nenner kommt man im Kampf um Wettbewerbsfähigkeit keinen einzigen Schritt voran. Dass Europa zwischen den USA und China allmählich zerrieben wird, ist nicht Fremd-, sondern Eigenschuld.
„Gefahr erkannt, Gefahr gebannt“ muss daher ab sofort Maxime der deutschen und europäischen (Wirtschafts-)Politiker sein. Genau dafür sind sie gewählt. Sie haben uns zu dienen.
Die (Reform-)Versäumnisse der letzten 17 Jahre müssen zügig abgearbeitet werden. Dringender Handlungsbedarf ist umso mehr vorhanden, als die Globalisierung zwar nicht am Ende ist, aber zumindest so an Kraft verliert, dass Deutschlands klassisches Geschäftsmodell schwächelt.
Grundsätzlich muss am deutschen Wirtschaftsmotto „Wohlstand für alle“ festgehalten werden, alleine schon um den sozialen Frieden zu wahren, der unser Land immer noch auszeichnet. Es gibt also viel zu tun. Aber packen wir es auch wirklich an?
Ohne Energiesicherheit zu tragbaren Preisen wird kein Industrieunternehmen das Risiko eingehen, bei uns mit hohen Investitionssummen zu investieren. Überhaupt lässt sich der Strombedarf der Industrienation Deutschland noch lange Jahre nicht mit Erneuerbaren ersetzen. Selbstverständlich müssen wir tatkräftig an diesem Zukunftsthema arbeiten. Aber bis es so weit ist, müssen wir energieseitig überleben. Ansonsten ist die Industrie in der Zwischenzeit futsch, auf andere Standorte ausgewichen. In diesem Zusammenhang ist es bemerkenswert, auf deutschen Atomstrom ideologisch zu verzichten, aber auf CO2-dreckiges Flüssiggas zu setzen, das vielfach auch noch aus totalitären Ländern zu überhöhten Preisen importiert wird. Das haben wir auch selbst im Boden.
Nicht zuletzt muss beim Transformationsprozess von old industrial zu new digital economy nicht länger die Schnecke, sondern der Gepard zum Wappentier werden. Daneben geht es um eine Infrastruktur, die modern, nicht antik ist. Im Wettlauf mit China und Amerika sieht Europa von beiden im Moment nur den Rücken. Um wachsen zu können, müssen wir auch in Zukunftsfeldern erfolgreich kämpfen.
Mit Gutmenschentum, Weihrauchschwenken und dem Anbau von Bio-Gemüse allein werden wir das deutsche Wirtschafts-Schiff nicht wieder flottmachen. Wir müssen der Welt auch harte attraktive Ware verkaufen.
Und wenn die Politik in der jetzigen Krise von „Sozialer Gerechtigkeit“ spricht, ist das auch ein Eingeständnis für eigene politische Schwächen. Denn die beste Sozialpolitik ist eine blühende Wirtschaft mit vielen guten Jobs. Im Übrigen ist dieser Begriff ein Synonym für noch höhere Steuern im Hochsteuerland Deutschland und noch mehr staatliche Umverteilung bzw. Gängelung. Dabei hat Staatswirtschaft in keinem Land der Erde jemals Erfolg gehabt. Warum will man sich erneut eine blutige Schnauze holen?
Leider gewöhnen sich die Bürger schnell an die vermeintlich süßen Gaben der Umverteilung, die natürlich gerne auch von der EZB als goldene Eier legendes Huhn unterstützt werden soll. Am Ende treibt diese anstrengungslose Wirtschaftspolitik jedoch nur die Inflation wie Backhefe den Teig.
Grundsätzlich sind Deutsche nicht faul, aber der Staat suggeriert seinen Schutzbefohlenen immer mehr, dass es eine Alternativ zum Leistungsprinzip gibt. Doch wenn sich Leistung hier über immer mehr Abzüge immer weniger lohnt, wird sie hier auch immer weniger erbracht, von Unternehmen und Arbeitnehmern. Zum Schluss fehlt dann auch das Geld für Umverteilung.
Das scheint aber viele der uns Regierenden wenig zu interessieren. Sie gehen stur ihren Weg, selbst, wenn ihnen Experten erläutern, dass dieser - um es mit AC/DC zu sagen - der Highway to Hell ist. Sie wollen wohl den besseren Menschen schaffen.
Als privilegierte Clubmitglieder im immer ausgedehnteren Staatsapparat haben sie persönlich ja auch nichts zu befürchten. Das, was sie „anrichten“ bzw. unterlassen, betrifft sie nicht. Sie beziehen ein solides Gehalt vom Staat - also von Ihnen, sehr geehrte Leser - und erhalten auch noch attraktive Pensionen. Sie müssen nicht wie Normalsterbliche lange auf Arzttermine warten und sind nicht von der Misere der gesetzlichen Rentenversicherung betroffen, die sich trotz heftigster politischer Bemühungen den Gesetzen der Mathematik nicht entziehen kann. Hier kommt mir das Matthäus-Evangelium in den Sinn, wo es sehr frei zitiert heißt: Sie säen nicht, sie haben teilweise keine Ausbildung - böse Zungen sprechen von bildungsfernen Schichten - und der Steuerzahler ernährt sie doch.
In puncto Rente und Altersvorsorge ist es zwar zu begrüßen, dass sich die Bundesregierung endlich an das Thema Kapitaldeckung herantraut. Doch gibt es in der Ampel-Koalition viele Bedenkenträger, die Aktien für kapitalistisches Teufelszeug halten. Die in Berlin diskutierten Beträge haben ohnehin eher Symbolcharakter. Und dabei haben sich neben den „bösen kapitalistischen“ Ländern USA und Großbritannien auch Norwegen, die Niederlande oder das im Fell gefärbte „soziale“ Schweden längst dieser absoluten Notwendigkeit geöffnet. Sie wissen, dass ansonsten ganze Bevölkerungsschichten in die Altersarmut getrieben werden. Aber unsere Politiker betrifft es ja nicht.
Und wie will man vor diesem Hintergrund qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland bewegen, nach Deutschland zu kommen, um unser Demographieproblem zu lösen? Sie wissen ja noch nicht einmal, ob sie eine Wohnung bekommen oder ihre Kinder einen Platz in der Kita. Nein, die gut Ausgebildeten gehen viel lieber in die USA.
Von jeder Politik, von jeder Regierung und von jeder fortschrittlichen Koalition dürfen Wähler selbstverständlich einen professionellen Umgang mit Problemen erwarten, damit gemäß Amtseid Schaden vom Volk abgewendet wird. Wohlstandsfeindliche, weltfremde und teilweise kindische Ideen gehören nicht dazu.
Apropos kindisch, „Kinder an die Macht“ ist eine theoretisch schöne Idee aus einem schönen Song von Herbert Grönemeyer. Aber sie entspricht nicht der Realität in einer knallharten Wirtschaftswelt. Politiker sollten eher dafür sorgen, dass soziale Marktwirtschaft auch zukünftig Perspektiven für unsere Kinder bereithält. Ansonsten werden wir vom Ausland „in Grund und Boden gelacht“.