Im Zollstreit habe ich Trump insofern in Schutz genommen, als dass Peking alles andere als ein handelspolitischer Friedensengel ist. Doch führt der US-Präsident diesen Kampf ideologisch und stur, nicht weise und taktisch klug. Denn selbst mit den härtesten Bandagen wird Trump die Chinesen nie dazu bringen, so zu Kreuze zu kriechen, wie er das als Immobilienmagnat von seinen Kreditgebern und Handwerkern gewohnt war.
Da Peking auf amerikanischen Protektionismus Auge um Auge, Zahn um Zahn immer mit Gegenaktionen antwortet, schneidet sich der US-Präsident zunehmend ins eigene Fleisch. Im Vergleich zu Trump kann Chinas Präsident Xi Regierungschef bleiben, bis er das Alter von Johannes Hesters erreicht. Er kann die Dinge ohne Rücksicht auf Wahlen aussitzen und genüsslich zuschauen, wie Trump die Zeit davonläuft. Tatsächlich ist der Handelskrieg selbst bei den US-Konzernen längst angekommen, immer mehr erkennbar auch an den Aktienkursen. Werden beschäftigungsbesorgte und vermögensgeschwächte Wähler im November 2020 immer noch gerne ihr Kreuzchen bei den Republikanern machen? Und bleiben die Farmer auch dann noch Trump-Fans, wenn sie auf ihrer Mais- und Sojaernte sitzen bleiben wie der Unaufgeforderte beim Ball der einsamen Herzen?
Gegen diese Konjunkturflaute ist auch im Garten der Fed kein Kraut gewachsen. Was nutzen die günstigsten Zinsen, wenn US-Unternehmen in einer immer handelsprotektionistischeren Welt keine Planungssicherheit mehr haben und daher ihre Investitionsbudgets einfrieren. „Money can’t buy me love“ hieß es schon bei den Beatles.
Der ideologisch geführte Handelskrieg kann sogar zur ersten eigenverschuldeten Weltrezession führen. Es ist absurd, dass das Schicksal der Weltwirtschaft davon abhängt, ob der US-Präsident gute oder schlechte Laune hat. Im Moment scheint Trump zwar Kreide gefressen zu haben. Doch weiß niemand, wann er diese wieder hochwürgt.
Auf die in die Rezession taumelnde Weltkonjunktur reagiert Deutschland mit „Augen zu“ und der Hoffnung, dass die Sorgen von allein vorbeigehen. Leider jedoch haben sie viel gemein mit Falten im Gesicht. Sie sind nicht weg, nur, weil man nicht mehr in den Spiegel schaut.
Wo bleibt die Botox-Behandlung mit Wirtschaftsreformen, um die Zukunftsfähigkeit Deutschlands im Konkurrenzkampf mit den USA und China zu erhalten? Wir sind mit dem Audi-Motto „Vorsprung durch Technik“ Exportweltmeister geworden, nicht mit Kartoffeln, Bratwurst oder Bier. Zurzeit fährt man die deutsche Infrastruktur auch mit Innovationsalarm auf Verschleiß und wundert sich, dass deutsche Arbeitsplätze immer mehr zum Exportschlager werden. Ist es wirklich das Ziel Berliner Wirtschaftspolitik, dass in Deutschland gekaufte Audis, BMWs, Mercedes und Porsches in Amerika gebaut werden?
Nur über Donald und Boris die Nase zu rümpfen, ist zu billig. Ändern kann man sich nur selbst, nicht die anderen. Laut Umfragen hat das Vertrauen in die Problemlösungsfähigkeit der Regierung deutlich nachgelassen. Wenn diese Einschätzung nicht dreht, zahlen wir früher oder später einen hohen politischen Preis.
Schlimm genug, wenn die Wirtschaftspolitik angesichts der Rezession nichts tut. Fatal wird es, wenn auch noch aus parteitaktischen oder ideologischen Gründen Nestbeschmutzung betrieben wird. Wer glaubt, dass mit der Mietpreisbremse die planwirtschaftliche Schmerzzufügung endet, hat sich getäuscht. In der Bundeshauptstadt droht der Mietpreisdeckel, der Vermietern vorschreibt, welche Mieten sie maximal verlangen dürfen. Gleichzeitig ist es in Berlin verboten, die mit 355 Hektar größte innerstädtische Freifläche Europas zu bebauen. Auf diese Absurdität muss man erst mal kommen. Junggebliebene Altsozialisten, die dieses Berliner Modell auch möglichst bundesweit einführen wollen, haben wohl vergessen, dass Planwirtschaft Wohnungsnot nie bekämpfte, sondern immer nur düngte.
Denn in diesem Enteignungsszenario haben private Bauherren wohl kaum Lust, auch nur eine Hundehütte zu bauen. Wie soll man bei streng begrenzten Mietpreisen den Zins- und Schuldendienst sowie Sanierungsausgaben für z.B. Klimaschutz stemmen? Oder soll die Problemlösung darin bestehen, demnächst Immobilienkäufe statt zum Markt- nur noch zum staatlich festgesetzten Freundschaftspreis zuzulassen. Man bedenke: Den Sozialismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf.
Im ersten Halbjahr hat Vater Staat einen Überschuss von 45 Mrd. erzielt. Statt jetzt bei absehbarer Wirtschaftsflaute vorbeugend eine spürbare Entlastung von Arbeitnehmern und Unternehmen vorzunehmen, wird aus rein wahlpopulistischen Gründen die nächste Steuererhöhungs-Sau durchs Dorf getrieben. Mit der Verweigerung der Komplettabschaffung des Solidaritätszuschlags werden ausgerechnet die Leistungsträger des Mittelstands wie Handwerker, Selbständige, Freiberufler und generell Kleinunternehmer getroffen, die ihre dem Allgemeinwohl dienenden Investitionen aus eigenem Einkommen bezahlen müssen.
Auch die geforderte Wiedereinführung der Vermögenssteuer ist in die Rubrik „Die kalte und haarige Hand des Sozialismus“ einzuordnen. Zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts haben sich viele Staaten und selbst Frankreich von der allgemeinen Vermögensteuer, die die Substanz der Unternehmen auffrisst, verabschiedet.
Bei der Einkommensteuer zahlt das „reichste“ Zehntel der deutschen Bevölkerung mehr als die Hälfte der Einkommensteuer. Ein Viertel davon wird sogar von etwa 2,5 Prozent der Topverdiener getragen. Insgesamt liegt Deutschland bei der Belastung von Arbeitseinkommen und Unternehmensgewinnen unter allen Industrieländern vorn. Ein Signal für Investoren und Hochqualifizierte nach Deutschland zu kommen, ist das sicher nicht. Im Gegenteil, so jagt man Investoren vom deutschen Wirtschaftshof, die ihre Zelte im Ausland aufschlagen und dort ihre Steuern zahlen. Und für soziale Gerechtigkeit in Deutschland fehlt dann das Geld.
Ideologisch ist auch das sture Festhalten an der schwarzen Null. Welche rationalen Gründe sprechen gegen eine pragmatische Schuldenaufnahme, mit der man auch noch Geld verdient, um einen erstklassigen, technisch konkurrenzfähigen Wirtschaftsstandort zu schaffen, der unseren Wohlstand sichert?
Ideologische (Wirtschafts-)Politik ist leider immer nur pathologisch.