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Halvers
Kolumne

 
17.10.2018

Eurozone oder Spiel mir das Lied vom italienischen Stabilitäts-Tod

Angesichts einer Staatsverschuldung von zurzeit etwa 134 Prozent der Wirtschaftsleistung kann man in Italien nicht mehr von Finanzstabilität sprechen. Und eher trägt ein Sprecher der italienischen Fernsehnachrichten eine rote Pappnase, als dass sich die Schuldensituation im Stiefel bessert. Mit 2,4 Prozent liegt das geplante Haushaltsdefizit der neuen Regierung für 2019 zwar unter der im Maastricht-Stabilitätsvertrag vereinbarten Obergrenze von 3 Prozent. Doch versprach die Vorgängerregierung für Italien tugendhafte 0,8 Prozent, um eine allmähliche Schuldenkonsolidierung einzuleiten. Doch das ist jetzt alles kalter Cappuccino.

Roms Haushaltsentwurf für 2019 ist eine Mogelpackung

Das geplante Budget unterstellt ein märchenhaftes Wirtschaftswachstum und Steuereinnahmen, die so viel Substanz haben wie Zabaglione. Wo sollen diese denn in Ermangelung von Wettbewerbsfähigkeit herkommen? Auch Italien kann die mathematischen Regeln nicht außer Kraft setzen. Ein Wunder wäre es auch, wenn die versprochenen sozialen Wohltaten aus der Portokasse bezahlt werden könnten. Doch „Wunder gibt es immer wieder“ gibt es nur im Schlager von Katja Ebstein.  

2020 wird man feststellen, dass das Defizit für 2019 weit oberhalb von drei Prozent lag. Die Rating-Agenturen trauen dem italienischen Haushalts-Braten ohnehin nicht. Bei Fortsetzung des Schulden-Dolce Vita werden sie römische Staatsanleihen früher oder später auf die letzte Stufe vor Ramschniveau zurückstufen.

Sollte die EZB ihre seit 2012 betriebene geldpolitische Planwirtschaft einstellen, würden sich italienische Kreditzinsen erst Recht wieder den tatsächlichen bonitätsgerechten Niveaus angleichen und noch weiter steigen.

Wie will sich aber Italien höhere Staatsschulden bei noch höheren Kreditzinsen leisten? Droht der Staatsbankrott?

Nicht zuletzt drohen damit italienischen Banken, die risikobehaftete römische Staatstitel aufgesogen haben wie ein Schwamm Wasser, heftige Wertverluste. Das brächte ihre bereits durch notleidende Kreditbestände angeschlagenen Bilanzen noch mehr in Bedrängnis. Stoßen sie diese Papiere ab, verschärfen sie die italienische Schuldenkrise weiter, was wiederum die Bankenkrise dramatisiert.

Bitte keine Euro-sozialistische Kreditrisikoumverteilung

Wundert es da, dass Italien zur Bankensanierung auf Amore zu einer gemeinsamen Europäischen Einlagensicherung macht? Das wäre die Vergemeinschaftung der gigantischen eurozonalen faulen Kredite in Höhe von ca. 760 Milliarden Euro. Der größte Fäulnisgestank kommt dabei aus Zypern, Griechenland, Italien, Spanien und Portugal. Schon kleine Bankenkrisen würden das bislang solide deutsche Einlagensicherungssystem zerrieben wie Parmesan in der Reibe. Deutsche Sparer zahlten die Zeche. Das Sicherheitsversprechen der Kanzlerin von 2008 in puncto deutscher Spareinlagen wäre nur noch eine schöne Illusion. Diese Schnapsidee muss Berlin verhindern. Länder wie Italien müssen ihre Bankenaltlasten selbst im Griff haben. Bis dahin jedoch wird wohl mindestens noch die Wassermenge des Pazifiks den Tiber herunterlaufen. Und aus dem Erdkundeunterricht wissen wir, dass der Tiber kein großer Fluss ist. Überhaupt, welchen Anreiz hat Italien, seine Banken zu sanieren, wenn ihre Risiken vom sozialistischen Euro-Einlagensicherungssystem getragen werden? 

Theoretisch ist Italien pleite, aber…

Dennoch muss eine Lösung für Bella Italia her. Die EU-Kommission muss Italien bis zum 30. November Feedback zu seinem Budgetentwurf 2019 geben. Bis dahin wird es zwischen Brüssel und Rom Schaukämpfe und als Showdown sogar ein Verfahren gegen Italien geben. Doch sind dies bekannte Rituale, die am Ende immer den Charakter von „Keine Angst, der beißt nicht, der will nur spielen“ hatten. EU und EZB wissen, dass sie mit Italien im selben Boot sitzen, auf der „Eurotanic“. Bei einem römischen Bankrott wird Italien zu einem Schulden-Eisberg, dem die europäischen Finanz-Schotten nicht standhalten.

Also wird Brüssel an Italien kein Exempel statuieren. Eine italienische und damit finale Euro-Krise wird man nicht riskieren. Wie immer wird ein typisch europäischer schmutziger Kompromiss gefunden, der Italien und Europa wieder einen Zeitgewinn bringt. Und danach kommt der nächste Winkelzug. Und eher wird das Kolosseum in Rom zur modernen Sportarena umgebaut, als dass die EZB ihre italienische Rettungsmission aufgibt. Also geht Italien praktisch nicht Pleite und die Banken bleiben über Wasser.

Die Anleihe- und Aktienmärkte zeigen sich bereits wieder optimistisch. Sie wissen, dass Europas Staatsschuldenkrisen seit 2008 nur durch (geld-)politische Rettungsaktionen zu verhindern waren, sind und bleiben. Auch in Italien wird am Ende wieder alles „gut“.

Italien sorgt für das endgültige Ende der europäischen Stabilität. Wie im berühmten Italo-Western von Sergio Leone wird die Mundharmonika bereits geblasen.