Gold gilt als typische Krisenanlage. Und Krisen haben wir wie Sand am Meer. So schwelt geopolitisch der Konflikt des Westens mit Russland weiter, Nordkorea wird von einem Springteufel regiert und der arabische Raum ist ein Pulverfass. Und sowohl bei Trump als auch bei Putin oder Erdogan kommt mir nicht der Begriff Friedensengel, sondern eher Neandertaler in den Sinn. Auch die geforderte Unabhängigkeit Kataloniens von Spanien dient nicht der Krisenentspannung in Europa, das seine Euro-Krise zumindest eingedämmt zu haben schien. Weitere europäische Separationsbestrebungen sind nicht ausgeschlossen.
Auch die vielen Wangenküsschen des neuen französischen Staatspräsidenten können nicht darüber hinwegtäuschen, dass es selbst hinter der freundlichen Kulisse der deutsch-französischen Freundschaft brodelt. Macron will eine „Europäische Wirtschaftsregierung“ mit gemeinsamen Bankeinlagensicherungen und länderübergreifenden Sozialkassen sowie einen mit vielen neuen Schulden klotzenden, nicht nur kleckernden Euro-Superfinanzminister. Mit seinem Messias-Image will er gegenüber dem germanischen Sparen punkten. Er weiß, dass französisches Geldausgeben fast überall in Europa beliebt ist. In Italien singt man bereits die „Marseillaise“. Macron glaubt, er habe gute Umsetzungschancen, weil Merkel-Deutschland wegen Trump, Putin, Erdogan und wegen Ungarn und Polen angeschlagen sei. Außerdem geht Berlin der stabilitätspolitische Waffenbruder Großbritannien von der Fahne. Schließlich weiß er: „Dieser Weg (nach Jamaika) wird kein leichter sein, dieser Weg wird steinig und schwer“. Damit sieht er die deutsche Polit-Stabilität und ihre jahrzehntelange Durchsetzungsfähigkeit im Vergleich zu seiner absoluten Parlamentsmehrheit in Frankreich geschwächt. Je mehr sich die Europa-politische Macht von Berlin weg und in Richtung Paris verschiebt, umso mehr bewegt sich die alte Stabilitäts- hin zur neuen Schuldenunion.
Übrigens, seit der Finanzkrise ab 2008 hat sich der Umfang der schon damals üppigen Staats- und auch privaten Verschuldung nicht ab-, sondern dramatisch aufgebaut. Kein Wunder, die Schnäppchen-Zinsen wirkten hierbei wie Backhefe auf den Kuchenteig.
Apropos Zinsen, die Anlageform Gold hatte lange einen anlagestrategischen Nachteil. Seit 1977 gab es in Deutschland im Durchschnitt über fünf Prozent Rendite für Staatspapiere. Heute dagegen erhalten die Sparer trotz zunehmender Kredit- und Bonitätsrisiken nur Nullkommanix-Zinsen.
Dafür ist die Geldpolitik als schlimme Schwester der fatalen Finanzpolitik verantwortlich. Die aktuell bei Fed und EZB zu hörenden, vollmundigen Restriktionsabsichten sollten nicht irritieren. Es werden keine adäquaten Taten folgen. Denn steigende Kreditzinsen machten die Finanzierung neuer Schulden zum unbezahlbaren Luxus und ließen unser auf Pump aufgebautes Finanzsystem platzen wie einen Luftballon mit Überdruck.
Angesichts dieses Systemrisikos ist die EZB sogar gezwungen, Inflation - wenn sie irgendwann wieder kommt - nicht so zu bekämpfen, wie es ihrem eigentlichen Auftrag entspräche. Klammheimlich wird die Politik dafür dankbar sein, denn Preissteigerungen, die oberhalb der Schuldzinsen liegen, fressen Staatsschulden auf. Spätestens dann wird Zinssparen zum Masochismus.
Da Zinsanlagen mittlerweile also genauso „unfruchtbar“ sind wie Edelmetalle, haben sie ihren früheren Vorteil gegenüber Edelmetallen verloren.
Insgesamt verfügt keine andere Anlageklasse über mehr Argumente für steigende Preise als Gold. Allein aufgrund der weltweiten Instabilität müsste das Edelmetall strahlen wie die Sonne am Mittagshimmel. Und tatsächlich bleibt die physische Nachfrage nach Gold hoch. Der Goldhändler meines Vertrauens spricht anhaltend von Netto-Verkäufen.
Dennoch ist eine fundamental vollkommen gerechtfertigte, dramatische Aufwärtsbewegung von Gold, die auch die Höchststände von 2011 mühelos hinter sich lässt, weder zu beobachten, noch zu erwarten.
Denn da stehen die Notenbanken wie Bud Spencer in seinem Film „Sie nannten ihn Plattfuß“ auf der Bremse. Sie sind nicht nur perfekte Zinsdrücker, sondern über die Terminmärkte auch erfolgreiche Goldpreisdrücker. Ist es Einfluss nehmende Manipulation der manipulative Einflussnahme?
Mit Sicht auf ihre Rettung des Weltfinanzsystems macht ihre planwirtschaftliche Gold-Drückerei Sinn. Man stelle sich vor, Edelmetalle würden sich als Ersatz- bzw. Parallelwährung etablieren. Man stelle sich vor, Gold wäre Papiergeld- bzw. Silber Hartgeldersatz im Rahmen einer Tauschwirtschaft. Je mehr Geld an Akzeptanz verliert, umso mehr verliert es an Wirkung als Antibiotikum gegen Finanzkrisen.
Vor diesem Hintergrund darf Gold trotz fundamentaler Berechtigung keine massive Kursbefestigung wie zwischen 2008 bis 2012 erleben. Dem Goldpreis sind oberhalb von 1.300 US-Dollar je Unze Widerstände gesetzt. Immerhin ist aber auch kein Niedergang des Goldpreises zu erwarten.
Der schwache Goldpreis stört mich nicht. Physisches Gold war, ist und bleibt eine grundsätzlich solide Vermögensversicherung gegen finanz- und geopolitische Risiken. Und für das süße Gift der Schuldenfrönerei mit geldpolitischem Segen wird irgendwann ein hoher Preis gefordert.
Schon in der Vergangenheit wurden die großen Staatsschulden nie zurückgezahlt. Staatspapiere waren am Ende immer wieder tatsächlich nur Papier mit einem Wert: Brennwert. Mit welcher Berechtigung erwarten wir heutzutage einen Regelbruch?
Werden die stabilitätspolitischen Geisterfahrten fortgesetzt, werden wir noch dankbar sein, neben Aktien und Immobilien auch das Sachkapital Gold zu besitzen. Gold ist eine Versicherung, die auch im systemischen Schadensfall nicht ausfällt. Es hat alle Krisen seit Adam und Eva überlebt und seine Kaufkraft hat es immer gehalten.
Und wenn man Gold gegenüber immer noch skeptisch ist, sollte der Blick auf das Anlageverhalten der Notenbanken fallen. Ähnlich wie sich Bären Winterspeck anfressen, um sich auf die kargen Zeiten vorzubereiten, bauen Notenbanken ihre Goldbestände seit 2008 zu den von ihnen vorher selbst gedrückten, subventionierten Preisen deutlich auf. Haben sie etwa kein Vertrauen in ihre eigene Rettungsmission?
Wie auch immer, was den Notenbanken recht ist, sollte uns billig sein.
Zur Absicherung gegen Systemrisiken macht es Sinn, auch bei der konkreten Anlageform auf Nummer Sicher zu gehen, d.h. die physische Form von Gold, vor allem die handliche Ein-Unzen-Form zu wählen. Ebenso sollte die Verwahrstätte nicht mit zu großen Anstrengungen erreichbar sein. Wenn es hart auf hart kommt, sind Lagerstätten im Ausland schwerer zu erreichen als der Mars.
Natürlich kann man ebenso auf den kurzfristigen Preis von Gold spekulieren. Hierzu bietet die Finanzindustrie viele börsengehandelte Produkte an, die die Wertentwicklung des Goldes 1 zu 1 nachbilden oder hebeln, ohne die für physische Produkte typisch hohen Aufschläge auf den Kaufpreis zu bezahlen. Diese Produkte haben sogar einen Vorteil gegenüber Goldminenaktien. Denn bei letzteren kommen die typischen Aktienrisiken hinzu: Ist das Management gut? Zu welchen Goldpreisen hat es sich abgesichert? Gibt es standortpolitische Handicaps wie Streiks?
Grundsätzlich sollte man angesichts der Krisen und Risiken unserer Welt etwas für Gold übrig haben. Immerhin ist Gold im Gegensatz zu Geld ein rares Gut: Während die mit Zentralbankgeld finanzierten Schulden ein Weltmeer füllen könnten, passt Gold in einen Putzeimer. Gegen einen Anteil in Gold bis 10 Prozent des liquiden Vermögens ist nichts einzuwenden.
Ich mag Volkslieder. Einer meiner Favoriten ist: „Gold und Silber lieb' ich sehr, kanns auch gut gebrauchen“.