Wenn der Hund der beste Freund des Menschen ist, dann sind Krisen die besten Freunde von Gold. Und davon gibt es wahrlich genug.
Spätestens 2017 hat in Europa nicht mehr die Stabilitätskanzlerin Frau Merkel, sondern die der Verschuldung mit offenen Armen gegenüberstehenden Herren der Euro-Südzone die Hosen an. Darüber können auch die vielen lieben Wangenküsschen des neuen französischen Staatspräsidenten nicht hinwegtäuschen. Auch in Macrons La Grande Nation sind Reformpolitik und Ausgabendisziplin nur dann erwünscht, wenn sie nicht wehtun. Leider tun sie immer weh. Das sieht Italien übrigens genauso. An Griechenland zeigt sich, dass Stabilität in Europa kein starker Löwe mehr ist, sondern nur noch ein kastrierter Kater. Das Land ist seit 2010 bankrott. Als Privatperson bekäme das Land noch nicht einmal bei einem Kredithai neues Geld.
Die von Reformverweigerung gebeutelte eurozonale Privatwirtschaft muss auch weiter vom Staat mit neuen Schulden gedopt werden. An dieser Stelle kommt der Erfüllungsgehilfe der Euro-Finanzminister, die EZB, ins Spiel. Die völlig aus dem Ruder gelaufene Verschuldung wird im Schonwaschgang der EZB so schön flauschig gewaschen, bis sie keinen Finanzpolitiker mehr kratzt. Will irgendein Politiker wirklich eine geldpolitische Normalisierung mit steigenden Renditen, die die Finanzierung und den Erhalt unserer Europäischen Schuldenunion gefährdet? Wird der Löwe zum Vegetarier? Müsste aufgrund der europäischen Instabilität das stabile Gold nicht eigentlich strahlen wie die Flutlichtanlage in einem Bundesligastadion?
Wenn sich jetzt nicht nur Schiiten und Sunniten spinnefeind sind - der klassische Konflikt zwischen den Saudis und den Iranern - sondern selbst die Sunniten - Saudi-Arabien und Katar - untereinander, ist dies eine neue Konfliktdimension. Steckt ein Hacker-Angriff hinter der Katar-Krise? Sind wir mittlerweile schon so weit, dass Hacker den Nahen Osten zu einem noch größeren Pulverfass machen können? Und jetzt wollen Trump und Erdogan auch noch die Friedensstifter spielen. Bei beiden Herren denke ich nicht sofort an Rettungsengel. Die Situation am Golf werden sie nur verschlimmbessern. Müsste Gold aus geopolitischen Gründen daher nicht strahlen wie blank geputzte Lackschuhe?
Interessanterweise macht der Ölpreis nicht das, was er früher bei Nahost-Krisen machte: Steigen. Im Gegenteil, die Zeichen in der Opec stehen auf Preisdruck. Schon bislang galt die Förderallianz als disziplinlos wie ein Hund, dem man eine Wurst vor die Schnauze hält. Das kleine Katar könnte - obwohl es kein großer Ölförderer ist - aus Ärger über Saudi-Arabien beschließen, seine freiwillige Förderkürzung aufzugeben. Das könnte einen Dominoeffekt in der Opec in Gang setzen, der die Ölpreise noch weiter fallen ließe.
Rohstoffseitig ist also kein Inflationsdruck zu befürchten. Preisdruck kommt übrigens auch nicht von der US-Konjunktur. Dort enttäuschen die Frühindikatoren am laufenden Band und der bislang ach so gelobte amerikanische Arbeitsmarkt konnte zuletzt seinen Frust über die ausbleibenden Trumponomics auch nicht mehr verstecken. Und inwieweit ein innenpolitisch angeschlagener US-Präsident mit der niedrigsten Zustimmung aller Zeiten überhaupt noch liefern kann, ist fraglich. Selbst bei den Republikanern scheinen einige nur noch darauf zu warten, dass er taumelt.
Auch vor diesem Hintergrund haben Zinsen keine Veranlassung zu steigen. Mittlerweile befinden sich die Renditen von US-Staatsanleihen auf dem tiefsten Stand seit November 2016. Der Leitzinserhöhungsdruck der Fed hat sich auch entspannt.
Das Argument, wonach physisches Gold keine Zinsen zahlt, ist damit weiter schwach, schwächer, am schwächsten. Für Gold spricht nicht zuletzt das Knappheits-Argument: Während die Staatsschulden mittlerweile ein Weltmeer füllen könnten, passt Gold im relativen Vergleich in einen Putzeimer.
Und so ist es kein Wunder, dass der Goldpreis tatsächlich seit Jahresanfang auf US-Dollar- und auf Euro-Basis deutlich zugenommen hat.
Grundsätzlich verfügt keine andere Anlageklasse über mehr fundamentale Argumente für steigende Preise als Gold, das selbst die Höchststände von 2011 mühelos hinter sich lassen sollten. Doch da hat jemand was dagegen. Es ist die internationale Geldpolitik. Sie ist multitasking-fähig: Sie ist der wahre Meister in der Zins- und in der Goldpreisdrückerei.
Denn bei ihrer fortgesetzten Rettung des Weltfinanzsystems mit „Geld“ kann sie keine Konkurrenzwährung „Gold“ gebrauchen. Sie würde die Wirkung der Geld-Mission ähnlich behindern wie umdrehungsfreie Limonade die Stimmung auf einem Junggesellenabschied. Ein massiv ansteigender Goldpreis würde dem schnöden Mammon Geld das Vertrauen entziehen und Gold als Geldersatz im Rahmen einer Tauschwirtschaft hoffähig machen. Die Notenbank als Geld-Casanova wäre kastriert, nicht mehr leistungsstark.
Vor diesem Hintergrund wird Gold trotz zuletzt klarer Stabilisierung leider keine weiteren großen Kurssprünge machen, obwohl alles dafür spricht. Dem Goldpreis sind oberhalb von 1.300 US-Dollar je Unze enge Grenzen gesetzt.
Stört mich das? Nein! Ich bleibe ein großer Freund des physischen Goldes. Bei Fortsetzung der Romanischen Schuldenunion werden wir noch dankbar sein, neben Aktien und Immobilien auch das Sachkapital Gold zu besitzen. Zur Erinnerung: Die großen Staatsschulden der Historie wurden nie zurückgezahlt. Und was spricht dann dafür, dass dies heutzutage bei einem Mehrfachen der damaligen Verschuldung der Fall sein sollte? Diese Regel hat keine Ausnahme.
Gold ist eine Vermögensversicherung gegen finanz- und geopolitische Risiken, die gerade im systemischen Schadensfall nicht ausfällt. Gold hat schon immer alle Krisen überlebt. Es wird nie schlecht und es braucht sich vor keiner Währungsreform zu fürchten. Das Fleisch beim Metzger, Äpfel beim Obstbauern oder einen Sack Haferflocken für die Freunde der veganen Küche wird man gegen Gold am Tag X immer noch bekommen. Gold steht über den geldwirtschaftlichen Dingen.
Und wenn man Gold gegenüber trotzdem immer noch skeptisch ist, hilft der Blick auf das Anlageverhalten der Notenbanken. Ähnlich wie Eichhörnchen Haselnüsse für den kalten Winter bunkern, bauen sie ihre Goldbestände seit 2008 wieder deutlich auf. Sie werden wissen warum. Sie sind doch am besten über die real existierenden Problemen unserer Finanzwelt im Bilde!
Kopieren wir doch einfach die Anlagepolitik der Notenbanken und laben uns an den gedrückten, „deflationären“ Goldpreisen. Gegen einen Anteil in Gold bis etwa 10 Prozent des liquiden Vermögens ist nichts einzuwenden.
Bei Gold zählt vor allem der langfristige Besitz, nicht die kurzfristige Rendite.