Die Moll-Stimmung in der Weltkonjunktur schlägt sich auch bei Rohstoffen nieder. Den Metallpreisen machen Chinas verschleppte Corona-Lockerungen zu schaffen. Auch Rohölpreise gaben zuletzt nach, bleiben aufgrund der geopolitischen Gemengelage aber abgesichert. Insgesamt verringern rohstoffseitige Inflationsrückgänge den restriktiven Handlungsdruck für Notenbanken. Grundsätzlich bleibt Gold angesichts der Krisenlage ein bedeutender sachkapitalistischer Vermögensbaustein.
Wegen der weltweit zuletzt weniger üppigen und verteuerten Liquiditätsversorgung der Geldpolitik spielen Rohstoffe den Konjunktur-Blues.
Aufgrund sich offenbar beruhigender Preistendenzen sind sie zudem keine bedingungslosen Rettungsinseln mehr für nach Inflationsschutz suchende Anleger. Ohnehin bestätigen die im Vorjahresvergleich deutlich gefallenen Frachtraten die zunehmende Festigkeit der Lieferketten. So werden Rohstoffe verfügbarer, was ihre Preise dämpft.
Konjunkturzyklische Industriemetalle befinden sich angesichts der globalen Rezessionsängste im Abwärtstrend und notieren gut 14 Prozent niedriger als zu Jahresbeginn. Nur zögerliche Null-Covid-Lockerungen in China verschleppen die Konjunkturstabilisierung zusätzlich.
Doch dürfte das jüngst beschlossene Maßnahmenpaket Chinas zur Stabilisierung des heimischen Bausektors weitere scharfe Preisrückgänge schmälern. Und längerfristig spricht das Megathema Klimaschutz gegen eine einbrechende Metallnachfrage. Vor diesem Hintergrund setzen spekulativ orientierte Anleger am Terminmarkt wieder auf steigende Kupferpreise.
Für nachhaltige Preisbefestigungen bei konjunkturzyklischen Industriemetallen bedarf es allerdings einer stabilen Seitenlage der Weltkonjunktur, um ein Ende der Nachfrage- und Investitionsschwäche in der globalen Auto-, Maschinenbau- und Elektroindustrie einzuleiten. Immerhin zeigen die Weltkonjunktur sensitiven und verlässlichen ifo Geschäftsklimadaten eine Bodenbildung an.
Rohöl hat angesichts der Konjunkturängste seine Jahresgewinne fast vollständig abgegeben. Von dauerhaft niedrigeren Ölpreisen ist dennoch nicht auszugehen.
Zunächst sorgt das EU-Ölembargo gegen Russland ab 5. Dezember für Ängste vor einer Angebotsverknappung. Immer noch importiert die EU täglich 1,5 Mio. Barrel russisches Rohöl.
Für Verunsicherung sorgt ebenso der zeitgleich mit dem Embargo in Kraft tretende - jedoch noch nicht festgelegte - Preisdeckel der G7-Staaten für russisches Öl. Würde er unterhalb des Preises festgesetzt, zu dem Russland derzeit Öl anbietet, wird sich seine Ölmenge an den Weltmärkten deutlich verringern. Denn dann wäre die Verschiffung dieses Öls den hauptsächlich aus der EU kommenden Dienstleistern und Versicherern verboten. Und dann wird es China und Indien schwerer als bislang fallen, mit viel russischem Rabatt-Öl teure Lieferungen aus dem Nahen Osten zu ersetzen. Das träfe nicht zuletzt Europa, das bislang über den Weiterverkauf der Asiaten indirekt mit russischem Öl versorgt wurde. Dieser Problematik sind sich die G7-Staaten allerdings bewusst, so dass sie mit einer besonnenen Festlegung des Preisdeckels die Knappheitsverhältnisse nicht weiter verschärfen werden.
Allgemein bleibt die Angebotssituation jedoch auch deshalb angespannt, weil Saudi-Arabien betont, man werde bei Bedarf weitere Produktionssenkungen in die Wege leiten, um die Ölpreise stabil zu halten.
Nicht zuletzt wollen die Industriestaaten der OECD ihre Ölreserven wieder ausweiten. Diese bewegen sich weit unter dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre, nachdem sie in einer konzertierten Aktion unter Führung Amerikas über den Sommer hinweg zur Preisdrückung schrittweise in den Markt geleitet wurden. Allein die Auffüllung der sich auf 40-Jahrestief befindenden strategischen Ölvorräte Amerikas wird den Ölpreis ordentlich unterstützen.
Ein Ölpreis, der wieder Richtung 100-Dollar-Marke springt, ist jedoch nicht zu erwarten.
Dennoch profitieren die Öl-Konzerne weiterhin von den im Vergleich der letzten zehn Jahre hohen Preisen, zumal sie erfolgreich an ihrer Kosteneffizienz gearbeitet haben.
Die Geldpolitik weiß, dass sie angesichts von Konjunktursorgen und Überschuldung den Zins-Bogen nicht überspannen darf. Tatsächlich hält laut Protokoll der vergangenen Sitzung eine deutliche Mehrheit der Fed-Mitglieder eine Verlangsamung der Zinserhöhungen für angemessen. Dem Arbeitsmarkt, der erst mit Zeitverzug auf Zinserhöhungen reagiert, will man nicht zu sehr zusetzen. Dies geschieht auch vor dem Hintergrund, dass die Inflation an Dynamik verliert.
Diese Bewegung nach unten ist der Fed wichtiger als der Inflation wirklich das Genick zu brechen. Denn die Stabilität einer überschuldeten und damit zinssensitiven Volkswirtschaft wird sie immer Priorität vor Preisstabilität einräumen.
Und von der EZB als Lebensversicherung für alle (finanz-)wirtschaftlichen Risiken der Eurozone ist ohnehin keine Stabilitätspolitik der alten Schule zu erwarten.
Die insofern nach Inflation deutlich negativ bleibenden Realzinsen für Staats- und Unternehmensanleihen, insbesondere in Deutschland, geben dem „zinslosen“ Edelmetall weiter Auftrieb.
Mit weichender US-Zinsangst und insofern Dollar-Beruhigung ist die Bühne für einen Goldpreis über 2.000 Dollar je Unze im nächsten Jahr bereitet. An den Rohstoff-Terminmärkten wird bereits verstärkt auf höhere Preise spekuliert.
Insgesamt bleibt Gold der sachkapitalistische Klassiker. Gegenüber geopolitischen und Stabilitätsrisiken, für die Zinsanleger keine Risikoentschädigung erhalten, ist Gold inflationssicher, nicht beliebig vermehrbar, seit 6.000 Jahren wertbeständig, eben „treu wie Gold“. Das gelbe Edelmetall ist die Versicherung, die im systemischen Schadensfall zahlt. Das tröstet über den aktuell noch weit vom fairen Wert entfernten Preis hinweg.
Übrigens häufen die internationalen Notenbanken in beeindruckender Weise und unvermindert physische Goldbestände an. Das wirkt als Preisstütze, nimmt Anlegern die Skepsis und macht Gold insgesamt auch zu einem guten Weihnachtsgeschenk.
Auch an den Aktienmärkten trägt die amerikanische Zins-Beruhigung zur Stimmungsaufhellung bei.
Und in Europa mehren sich ebenfalls die Anzeichen, dass zumindest der Inflationsgipfel bald überschritten ist. Tatsächlich haben Strom und Gas von ihren Preisspitzen 2022 bereits um rund 60 Prozent korrigiert und leisten gemeinsam mit abnehmenden Materialengpässen einer Beruhigung des Preisdrucks Vorschub.
Mit gleichzeitig hohen Fiskalstimuli wärmt sich die eisige Stimmung in der deutschen Industrie wieder auf. Hinzu kommen Inflationsprämien sowie die zuletzt robusten Tarifabschlüsse, die den Preisschmerz der Konsumenten und ihren Käuferstreik schmälern. Für finale Konjunkturentwarnung ist es zwar noch zu früh. Doch setzt man ifo Geschäftslage und -erwartungen zueinander in Beziehung, fällt die Rezession in Deutschland offensichtlich weniger scharf aus.
Vor diesem Hintergrund besitzen deutsche Aktien aus der zweiten Reihe weiteres Aufwärtspotenzial, die besonders konjunktursensibel sind. Tatsächlich scheint die Underperformance von MDAX und SDAX zum DAX einen Boden gefunden zu haben.
Aus Sentimentsicht spricht die von niedrigem Niveau aus schrittweise ansteigende Investitionsquote unter US-Fondsmanagern für wiederkehrenden Risikoappetit. Für eine sich zurückbildende Risikoabneigung spricht auch der von Citigroup veröffentlichte Macro Risk Index, der sich - wenn auch nur leicht - erstmals seit Jahresbeginn im Bereich der Risikofreude befindet.
Der gemäß Umfrage der American Association of Individual Investors im neutralen Bereich liegende Anteil der Optimisten abzüglich des der Pessimisten zeigt an, dass auch amerikanische Kleinanleger ihre Aktien-Skepsis ablegen. Das spricht dafür, dass Schnäppchenjäger bei zwischenzeitlichen Rücksetzern zuschlagen und die Aktienmärkte damit nach unten absichern.
Charttechnisch liegen auf dem Weg nach oben erste Widerstände bei 14.570 und 14.715 Punkten. Darüber trifft der DAX auf weitere Hürden bei 14.750, 14.800 und 14.815. Im Falle einer Korrektur bieten die Marken bei 14.519, 14.500 und 14.493 Halt. Darunter liegen weitere Unterstützungen bei 14.450 und 14.430 Punkten.